Die Ferien haben begonnen

Für berufstätige Eltern keine Neuigkeit:  Zwölf Wochen Schulferien im Jahr sind mit 30 Tagen Urlaub nicht abzudecken. Trotzdem müssen Kinder betreut werden.

In Gelsenkirchen sind wir da gut dabei: An allen Grundschulen gibt es den offenen Ganztag, ein Betreuungsangebot von 8-16 Uhr, als Modellprojekt sogar bis 17 Uhr. An jedem Schultag, aber auch in den Ferien (nicht nur den Sommerferien!) mit Ausnahme der ersten drei Wochen in den Sommerferien. Das Ganze zu sozial-verträglich gestaffelten Preisen, von 0 € für GeringverdienerInnen, bis zu 100 € monatlich für Einkommen über 61355 €. Ein Durchschnittsverdiener zahlt 35 €.

Auch die ersten drei Wochen in den Ferien stellen kein Problem dar: Das Jugendamt bietet seit vielen Jahren unter dem Namen „Ferien vor Ort“ in den Jugendzentren ein betreutes Programm an, das seines Gleichen sucht. Auch hier: die Teilnahmegebühr ist nach Einkommen gestaffelt.

So weit, so gut. Besser geht vermutlich immer, aber meiner Meinung nach ist das schon nah am Idealzustand.

Für Behinderte sieht es leider nicht so rosig aus. Halt. Für geistig Behinderte nicht. Denn deren Schulen sind nach Landesrecht Ganztagsschulen. Mit dem Ergebnis, dass es natürlich keinen offenen Ganztag gibt. Neben keiner Betreuung an den üblichen Ausfalltagen (LehrerInnenausflug, pädagogischer Tag, etc.), die an Regelschulen auch von der OGS abgedeckt werden heisst das vor allem: keine Betreuung in den Ferien. Null. Nada.

Ja, am „Ferien vor Ort“-Programm des Jugendamtes können Behinderte teilnehmen. Auch geistig Behinderte mit extrem erhöhtem Betreuungsbedarf. Zu den gleichen Konditionen wie Nicht-Behinderte: Ein echtes Beispiel für Gleichberechtigung. Noah hat das in den vergangenen zwei Jahren wahrgenommen. Er ist gerne dahin gegangen, es gab keine Probleme: wir hatten ein gute Gefühl dabei. In diesem Jahr ist es leider nichts geworden. Warum? Bei der Betreuung Inkontinenter ist eine Dusche vorgeschrieben, die ist nur leider in den Jugendzentren nicht vorhanden. Lobend muss man das Jugendamt trotzdem erwähnen: das Problem wurde ehrlich kommunziert, sofort verbunden mit der Aussage „wir werden Sie auf keinen Fall hängen lassen“.  Und am Ende wurde auch eine Lösung gefunden. Ehrlich: Vielen Dank dafür, so kann es funktionieren, wenn alle wollen.

Und die restlichen neun Wochen Ferien und die anderen Tage? Da kann man auf Angebote der Lebenshilfe zurückgreifen. Die sind nur leider mit einkommensunabhängigen Kosten verbunden, ca. 230 € / Woche für das Ferienprogramm (inkl. des Fahrdienstes). Unser Durchschnittsverdiener zahlt also das fünffache für die Betreuung seines behinderten Kindes in neun Wochen Ferien, verglichen mit dem Rund-Um-Sorglos-Jahresbeitrag der OGS. Die restlichen freien Zeiten im Schuljahr sind dabei noch nicht abgedeckt.

Zugegeben: ArbeitnehmerInnen haben Urlaub. Den darf man durchaus auch nutzen, um sein Kind zu betreuen. Es ändert aber nichts an dem grundsätzlichen Problem: die Aufwendungen für das behinderte Kind sind unvergleichlich höher. Gerecht ist anders.

Es geht los…

Ab heute werde ich in unregelmässigen Abständen bloggen, was sonst keiner glaubt: Wie das Leben mit einem frühkindlichen Autisten WIRKLICH ist.

Wer wir sind: Eine „ganz normale“ Familie: Jan (38), Vanessa (33) und zwei Kinder (Noah, 8 und Laura, 13), Hund. Ich bin vollzeitberufstätig als Ingenieur, meine Frau studiert und unsere Tochter besucht eine Gesamtschule. So weit, so normal. Unser Sohn jedoch ist frühkindlicher Autist. Er ist körperlich normal entwickelt, kann aber nicht sprechen, ist mehrere Jahre entwicklungsverzögert und inkontinent. Er besucht eine Förderschule für geistige Entwicklung.

Worum es gehen soll: Alle Welt redet von Inklusion. Von Gleichstellung, nicht nur in der Schule, sondern überall. Davon, dass Behinderte wie alle anderen auch an der Gesellschaft gleichberechtigt teilhaben sollen. Gilt das auch für die Angehörigen?

Wenn wir aus unserem Leben erzählen, hören wir oft „das kann doch garnicht sein“ oder „das wusste ich ja garnicht“. Meistens dann, wenn Inklusion nicht funktioniert, dann, wenn wir vor Aufgaben gestellt werden, die mit gesunden Kindern völlig problemlos sind. Davon möchte ich erzählen.